800 Jahre Wettelbrunn

   Autor: Jörg Martin, Archivar der Stadt Staufen

Straßburg, im Frühjahr des Jahres 1216: in einem Streit zwischen dem Kloster St. Blasien und dem Pfarrer in Haltingen um ein Zehntrecht tritt der Pfarrer von Wettelbrunn als Zeuge auf. Wir wissen nicht, warum er die Mühen der Reise nach Straßburg auf sich nahm, aber wir wissen, dass dies die erste datierte Erwähnung des Orts Wettelbrunn ist.

An sich muss das Dorf viel älter sein. Der Ortsname – der Brunnen des Wettilo – weist in das Frühmittelalter zurück. In den 1930er Jahren fand man an der Straße nach Heitersheim Plattengräber wohl aus der alamannischen Zeit, ohne dass davon Funde überliefert sind. Ohne jeden Zweifel entstand das Dorf gleichzeitig mit den Dörfern in der Umgebung, die sich in der urkundlichen Überlieferung teilweise bis in die karolingische Zeit zurückverfolgen lassen. Immerhin aus dem 12. Jahrhundert liegt ein Bericht über einen Grundstückstausch zwischen den Klöstern St. Blasien und Muri vor, der jedoch leider undatiert ist.

Herren von Staufen und Kloster St. Blasien als Ortsherren

Schon aus diesen ersten Nennungen wird die bedeutende Stellung des Klosters St. Blasien in Wettelbrunn deutlich. Das Kloster hatte hier großen Grundbesitz, jedoch nicht die Ortsherrschaft, das heißt, das Recht, über die Dorfbewohner Gericht zu halten. Dieses stand seit dem späten Mittelalter den Herren von Staufen zu und seitdem gehörte Wettelbrunn zur Herrschaft Staufen. Nach dem Erlöschen der Familie von Staufen fiel die Herrschaft an Österreich. Wettelbrunn gehörte fortan zum österreichischen Breisgau, der seinerseits Teil der großen habsburgischen Ländereien war, die man „Vorderösterreich“ nannte. Die Habsburger verwalteten die Herrschaft jedoch nur zeitweise selbst, sondern gaben sie als Pfand an Kapitalgeber weiter. Im 17. Jahrhundert hatten die Herren von Schauenburg die Pfandschaft, bis sie 1732 das Kloster St. Blasien übernahm. St. Blasien war damit nicht nur der größte Grundherr in Wettelbrunn, sondern übte seitdem auch die Ortsherrschaft aus. Der alte Vogtstab von Wettelbrunn aus dem Jahr 1764, den der Vogt während der Gerichtssitzungen in der Hand hielt, zeigte dementsprechend neben dem Wappen der Herrschaft Staufen (drei Kelche) vor allem das Wappen von St. Blasien, den springenden Hirschen. Genau diese Darstellung wurde seit dem 19. Jahrhundert zum Ortswappen von Wettelbrunn.

Die Gemeinde

Seit dem Spätmittelalter lässt sich aber auch eine andere bedeutende Einrichtung nachweisen: die politische Gemeinde. Die Gemeindeeinwohner schlossen sich zu einer politischen Institution zusammen, die von der Herrschaft sogleich anerkannt wurde. Der Gemeinde übernahm in der alten Zeit Aufgaben wie etwa die Orts- und Feldpolizei, den Feuerschutz oder die Vatertierhaltung und sogar selbst so schwierig zu regelnde Dinge wie die Umlage und der Einzug der Steuern. Vorstand der Gemeinde war der Vogt, dem ein Gericht zur Seite stand. Seit dem 19. Jahrhundert führten sie die Bezeichnung Bürgermeister und Gemeinderat. Bei wichtigen Angelegenheiten wurden Bürgerversammlungen einberufen, in denen alle Männer gleichberechtigt abstimmten. Die Gemeinde verwaltete nicht unbedeutende Landstücke als Allmende, die sie an die Bürger ausgab, sowie einen großen Gemeindewald auf Markung Grunern. Bedeutend war der Aufbau einer modernen Elektrizitäts- und Wasserversorgung, die Wettelbrunn schon 1913 durchführte.

Es war auch die Gemeinde, die sich in den 1720er Jahren der Schulbildung der Kinder annahm und in Wettelbrunn eine Schule gründete. Für diese errichtete man in den 1770er Jahren ein Schulhaus an der Weinstraße (heutiger Parkplatz vor dem Schulhaus und dem Bürgerhaus) errichtete. Dieses Schulhaus sollte über zweieinhalb Jahrhunderten dem Schulunterricht dienen, bis Wettelbrunn 1953 ein neues Schulhaus errichten konnte, das bis heute als Grundschule dient. Die Gemeinde war es auch, die in den 1730er Jahren das Schiff der Dorfkirche neu aufbaute und sich um die Ausstattung der Kirche kümmerte. Eine bis heute vorhandene Kirchenglocke aus den 1770er Jahren weist sie als Stiftung der Gemeinde aus.

Die "Hazienda"

Weiten Kreisen bekannt wurde Wettelbrunn in den 1970er Jahren, als die Familie Willi auf ihrem großen Hof am Ortsausgang die Gastwirtschaft "Winzerstüble" als "Hazienda" zu einem Tanzlokal und einer Diskothek ausbaute. Die "Hazienda" ist bis heute ein Wettelbrunner Mythos und noch im weiten Umkreis ein Begriff.

Eingemeindung nach Staufen

Die Bindung nach Staufen sollte sich über die Jahrhunderte hinweg immer wieder erneuern, so dass es schließlich im Zuge der Gemeindereform 1971 zur Verbindung Wettelbrunns mit der Stadt Staufen kam. Wegen der langandauernden Verbindungen nach Staufen fiel Wettelbrunn dieser Schritt nicht schwer. Die Stadt Staufen hat die Arbeit der Gemeinde Wettelbrunn stets fortgeführt; neben umfangreichen Investitionen in die Infrastruktur wie Straßen-, Wasserleitungs- und Kanalisationsbau ist das sichtbarste Zeichen dafür wohl der Bau des Bürgerhauses im Jahr 2005.

klare entscheidung

Landwirtschaft

Wettelbrunn war über Jahrhunderte hinweg ein von der Landwirtschaft geprägter Ort. Bis heute prägen große Höfe das Ortsbild. Wettelbrunn wird diese Höfe im Rahmen des Ortsjubiläums mit einem "Fest der Höfe" feiern. Die Landwirtschaft war im fruchtbaren Breisgau immer vergleichsweise ertragreich.

Die Besitzer der großen Höfe waren vermögende und selbstbewusste Bauern. Beispielsweise hatte die Familie Frick, der der heutige Hof Wagenmann am Ortsausgang in Richtung Heitersheim gehörte, um 1800 Verbindungen zu vielen anderen großen Bauernfamilien im Breisgau und bildete mit diesen eine fast adelsähnliche Schicht. Franz Xaver Riesterer, Besitzer des "Königshofs" in der Römerstraße, war in den 1850er Jahren der Landtagsabgeordnete des Bezirks Staufen.

Hinzu kam, dass in Wettelbrunn seit alters Wein gepflanzt wurde. Weinreben auf dem Fohrenberg lassen sich seit dem Mittelalter nachweisen, und der Weinbau spielt bis heute eine bedeutende Rolle im Dorf. Im Wettelbrunner Weingut Andreas Neymeyer wurde Ende des 19. Jahrhunderts sogar der heutige Wein erfunden: für die Herstellung „naturreiner“ Weine als Messweine für die Kirche setzte Neymeyer auf die volle Reifung des Weins ohne Zusatz von Zucker. Was für uns heute selbstverständlich klingt, war vor rund 120 Jahren eine Revolution in der Weinherstellung. Einen weiteren Qualitätssprung bei der Weinerzeugung brachte die 1928 auf Betreiben von Bürgermeister Gottfried Willi gegründete Winzergenossenschaft, die bis in die neueste Zeit bestand.

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